Kirchensplitter März
Weisheit
Kürzlich hat mir jemand viel Freude und Weisheit in meinem Wirken gewünscht. Freude darf ich bei meiner Tätigkeit oft erleben. Nicht nur bei Taufen und Nachmittagen 64plus, sondern auch beim Feiern von Gottesdiensten und in der seelsorgerlichen Begleitung von Menschen. Was aber ist mit Weisheit gemeint?
Spontan kommt mir Salomo, der weise König Israels aus dem Alten Testament der Bibel in den Sinn. In einem Traum fragt ihn Gott, was er sich wünschen würde, wenn er einen Wunsch frei hätte. König Salomo wünscht sich ein Herz, das hört, damit er dem Volk Recht verschaffen und unterscheiden kann zwischen Gut und Böse (1. Könige 3,9). Da gibt ihm Gott Weisheit und tiefe Einsicht und ein Herz, so weit wie der Strand, der an der Küste des Meeres ist (1. Könige 5,9).
König Salomo, der auch für die Rechtsprechung zuständig ist, muss einen Streit schlichten zwischen zwei Müttern. Beide haben ein Kind geboren, doch eines der Kinder ist gestorben. Nun behaupten beide, das noch lebende Kind sei ihr Kind. Salomo überlegt kurz, dann befiehlt er seinen Leuten, ein Schwert zu holen und das lebende Kind in zwei Teile zu schneiden. Jede soll eine Hälfte erhalten. Die Mutter des lebenden Kindes will verhindern, dass ihr Kind ebenfalls stirbt und verzichtet auf ihren Anspruch. So erfährt Salomo, wer die wahre Mutter des Kindes ist. «Gebt jener das lebende Kind, und tötet es nicht!», sagt er. «Sie ist seine Mutter» (1. Könige 3,27). Salomos Weisheit ist noch heute sprichwörtlich. Seine Regierungszeit brachte seinem Reich den Frieden, nach dem sich spätere Generationen zurücksehnten. Aber auch Salomo war nicht perfekt. Um sich den Thron zu sichern, brachte er seinen eigenen Bruder um. Er liess sein Volk hart arbeiten, um ein Leben voller Prunk führen zu können. Und er entfernte sich von Gott, um sich mit seinen Liebschaften gut zu stellen.
Beim Schreiben habe ich mir lange überlegt, wo Weisheit heute zu finden ist. Ich denke, dass Weisheit ein sehr wertvolles und rares Gut ist. Weisheit und tiefe Einsicht und ein Herz, so weit wie der Strand, der an der Küste des Meeres ist. Dieses Geschenk durfte König Salomo von Gott empfangen. Ich wünsche mir und auch Ihnen, die diese Zeilen lesen, ein hörendes Herz!
Pfarrerin Lilli Hochuli